Die Corona-Pandemie hat uns alle seit mehr als einem Jahr im Griff. Jeder von uns…
Aus dem Alltag eines Anwalts: Ich komme zu Ihnen
Anruf eines Mandanten. Er hat ein unangenehmes Schreiben erhalten, das eine sofortige Reaktion erforderlich macht. Seiner Stimmlage nach stimmt das, der Mandant ist gestresst, das Gespräch verläuft einigermaßen chaotisch. Also versuche ich zunächst ihn zu beruhigen, höre mir das Problem an und teile ihm mit, dass ich ihm wohl werde helfen können. Hörbar erleichtert fragt der Mandant, ob er denn auch kurzfristig einen Termin bekommen könne. Tatsächlich und glücklicherweise ist das heute möglich und ich kann dem Mandanten in knapp einer halben Stunde einen freien Termin anbieten.
„Haben Sie unsere Kanzleiadresse?“ frage ich nach und der Mandant bejaht. Auf weitere Nachfrage, ob er wisse, wie er zu uns kommen könne – diese Frage stelle ich bei Neumandanten regelmäßig, da unser Kanzleigebäude etwas unscheinbar gelegen ist – meint er, er kenne sich in der Gegend aus. In Ordnung, der Termin steht also und das Telefonat wird beendet.
Etwa eine halbe Stunde später erwarte ich den Mandanten. Der Mandant erscheint nicht. Stattdessen ruft er erneut an.
Mandant: „Ich finde Sie nicht.“
Rechtsanwalt: „Wo befinden Sie sich denn?“
Mandant: „Na bei der Adresse, die Sie mir gegeben haben.“
Rechtsanwalt: „Dann müssten Sie an unserer Kanzlei angekommen sein.“
Mandant: „Bin ich nicht.“
Rechtsanwalt: „Von wo sind Sie denn gekommen? Aus Richtung des Gesundheitsamts oder aus Richtung des Bahnhofs?“
Mandant: „Gesundheitsamt? Bahnhof? Nein, sowas gibt es hier nicht.“
Rechtsanwalt: „Sind Sie sicher, dass Sie richtig sind? Fürstendamm 7? In…“
Mandant (unterbricht mich): „Ja, steht hier: Fürstendamm 7.“
Rechtsanwalt: „Ein großes, gelbes Gebäude?“
Mandant: „Äh… nein.“
Rechtsanwalt: „Das würde mich wundern. Etwas anderes gibt es hier nämlich nicht.“
Mandant: „Doch. Ich sehe es ja, das ist einfach nur ein großes, weißes Wohnhaus mit Garten.“
Rechtsanwalt: „Mit Garten? Einen Garten haben wir nicht. Sind Sie sicher, dass Sie richtig sind? Fürstendamm 7? In Freising?“
Mandant: „… Freising? Wieso Freising? Nein, ich bin hier am Fürstendamm 7, Berlin.“
Ich kann mich eines Schmunzelns nicht erwehren.
Rechtsanwalt: „Dann sind Sie leider falsch, unsere Rechtsanwaltskanzlei ist nicht in Berlin, sondern in Freising.“
Mandant: „Oh. Schaffe ich es dann noch zu Ihnen?“
Das bezweifle ich, sowohl allgemein als auch und jedenfalls bis zu dem vereinbarten Termin. Im Moment dieses zweiten Telefonats sind wir gute 600 Kilometer voneinander entfernt.
Ich habe dem Mandanten schließlich den Gang zu einem Kollegen in Berlin empfohlen.