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Aus dem Alltag eines Anwalts: Mandantentypen – Der Sparfuchs
Rechtsanwälte neigen dazu, ihre Mandanten in verschiedene Kategorien einzuteilen. Kategorien, von denen einige zugegebenermaßen nicht besonders schmeichelhaft sind.
Zum Beispiel gibt es da den Mandantentyp „Lehrer“, der mit dem Palandt unter dem Arm und einem ellenlangen Ausdruck von mittels Google ermittelten Urteilen zur anwaltlichen Besprechung kommt, um hier dann das Ergebnis der eigenen Einschätzung zu präsentieren und zu verifizieren. Oder den „VIP“, der sich mit einer unglaublich wichtigen Angelegenheit um 15:00 Uhr meldet und einen Termin am besten schon für 14:45 Uhr vereinbaren möchte.
Besonders beliebt ist auch der „Sparfuchs“. Jeder Rechtsanwalt (ich würde sogar sagen: jeder Unternehmer) kennt ihn: den Mandanten (Kunden), der – soweit nachvollziehbar – nicht unangemessen viel für eine Leistung bezahlen möchte. Genauer gesagt, der nur den angemessenen Preis zahlen will, am besten einen möglichst günstigen Preis, oder auf den Punkt gebracht: gar nichts.
Der Sparfuchs meldet sich immer telefonisch (und in Ausnahmefällen mit einer pseudonymisierten E-Mail-Adresse), weil er ein kleines Rechtsproblem hat, für das er nur eine kurze Auskunft benötigt.
Am Telefon wird – sofern man nicht die Gelegenheit nutzt, den Anrufer zu unterbrechen, wenn der gerade einmal Luft holt – der Sachverhalt in epischer Breite geschildert und sodann am Ende die erhoffte Auskunft erbeten.
Eine Auskunft, die der Rechtsanwalt anhand eines möglicherweise komplexen Sachverhalts ohne Sichtung bereits vorhandener Unterlagen auf Grundlage der tendenziell einseitig eingefärbten Schilderung des Sachverhalts durch einen bislang unbekannten „Mandanten“ erteilen soll – und das natürlich kostenlos, aber bei voller Haftung für die Auskunft.
Ich will nun gar nicht darauf eingehen, dass anwaltliche Beratungen selbstverständlich per Gesetz immer Kosten auslösen (weil jede auch nur kurze Beratungsleistung gerade den vergütungspflichtigen Kern der Arbeit eines Rechtsanwalts darstellt). Ebenso nicht darauf, dass an sich einem Anrufer und potentiellen Mandanten klar sein müsste, dass Rechtsanwälte nicht kostenlos arbeiten – schließlich muss auch der Rechtsanwalt von etwas leben.
Tatsächlich gehen die Probleme neben der Vergütung für die Beratungsleistung noch viel weiter: Rechtsanwälte sind zur Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet und dürfen außerdem keine widerstreitenden Interessen vertreten. Letzteres ist gar nach § 356 StGB als Parteiverrat unter Strafe gestellt.
Berät der Rechtsanwalt nun den Sparfuchs mit der gewünschten kurzen Auskunft, so würde er dafür nicht nur kein Geld sehen, dafür aber für den erteilten Rat haften, wobei gleichzeitig immer das Risiko eines Parteiverrats zumindest möglich wäre.
Meiner Einschätzung nach ist das der klassische Fall eines eher schlechten Geschäfts.
Ein seriöser Rechtsanwalt wird daher sowohl aus dem Interesse heraus, dass er sein über viele Jahre teuer erworbenes Fachwissen nicht zu verschenken braucht, als auch aus dem Interesse heraus, aus falsch verstandener Nächstenliebe die eigene Zulassung aufs Spiel zu setzen, eher keinen Ratschlag erteilen.
Trotzdem ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Anrufer – die statt des erhofften Rechtsrats von uns einen persönlichen oder telefonischen Beratungstermin angeboten bekommen – sich schon beinahe erbost darüber zeigen, dass wir a) unsere berufsrechtlichen Verpflichtungen ernst nehmen und dass wir b) für unsere Arbeit auch bezahlt werden wollen.
Vielleicht sollte ich bei Gelegenheit unsere Liste, wann wir nicht der richtige Ansprechpartner sind, ausdrücklich um den Sparfuchs erweitern….