Seit einigen Jahren gehen verschiedene Rechteinhaber gegen die illegale Verbreitung ihrer Werke im Internet vor…
AG Donaueschingen: Kein Schadenersatz für Nutzung von Vorher-Nachher-Fotos eines privaten Badezimmers
Das AG Donaueschingen hat mit Urteil vom 10.06.2010, Az. 11 C 81/10, entschieden, dass die Nutzung von Fotos von Wohnräumen, die ohne Einwilligung des Bewohners gefertigt und werblich genutzt werden, keine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, sofern aus den Fotos selbst oder ihrer Einbettung in die Internetseite kein Rückschluss auf die Person des Bewohners gezogen werden kann.
In dem konkreten Fall hatte ein Handwerksbetrieb im Badezimmer der Klägerin Sanitärarbeiten und Badinstallationen durchgeführt. Hierbei hatten Mitarbeiter des Handwerkbetriebs Vorher-Nachher-Bilder erstellt, die später zu Werbezwecken auf der Internetseite des Betriebs veröffentlicht wurden. Es waren weder der Name der Klägerin noch Hinweise auf ihre Adresse gegeben.
Das Gericht sah keinen Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz (oder Unterlassung) gegeben. Hierzu aus der Entscheidung:
"Die Kl. hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.000 EUR aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB. Für einen Schmerzensgeldanspruch aus § 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB fehlt es ebenso wie für einen Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB in Form der Lizenzanalogie an einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin in seiner vermögensrechtlichen Ausprägung. Die Beklagte hat das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie die streitgegenständlichen Fotografien ins Internet gestellt hat. Der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist nicht dadurch betroffen. Denn sowohl die eigene Homepage der Beklagten, wie sie sich in den als Ausdrucken der Internetpräsenz vorgelegten Anlagen K1-K6 darstellt, als auch die Homepage, auf der Bilder des Badezimmers der Klägerin eingestellt waren, lassen für einen unbefangenen neutralen Beobachter keinerlei Rückschluss von der jeweiligen Fotografie des Badezimmers auf die Person gerade der Klägerin zu. Die Homepage der Beklagten nennt auf der Seite, auf der die Bilder eingestellt waren, weder den Namen, noch die Anschrift der Klägerin. Das einzige für Besucher der Website individualisierende und die Klägerin identifizierende Merkmal, das auf der Homepage der Beklagten auf die Person gerade der Klägerin verweist, ist das Wort [&], das sich als Bestandteil der Dateinamen dann findet, wenn ein Besucher der Homepage mit dem Mauszeiger über eines der vier eingestellten Bilder fährt und dort für eine gewisse Zeit verbleibt. Gleichwohl lässt dies keinen Rückschluss auf die Person der Klägerin zu. Denn zum einen ist es nicht ersichtlich, dass es sich bei diesem Bestandteil des Dateinamen zum einen überhaupt um einen Namen und zum anderen um den Namen gerade der Klägerin handelt. Zum anderen kann ein Besucher der Seite keine Verknüpfung zwischen diesem Wort – falls es denn überhaupt als Name erkannt wird – und der Person der Klägerin herstellen, weil die Website weder den Namen noch die Anschrift noch den genauen Standort des Badezimmer verzeichnet, das auf den Bildern abgebildet ist. Bei dem Wort [&] kann es sich um vieles handeln; es ist nicht zwingend, dass es sich hier erstens um einen Namen und zweitens um den Namen gerade der Klägerin handelt. Für den unbefangenen neutralen Beobachter ist es nicht ersichtlich, dass es sich bei dem abgebildeten Badezimmer um das Badezimmer gerade der Klägerin handelt. Mangels individualisierender Merkmale kann keine Verknüpfung zwischen den Fotografien auf der Homepage und der Person der Klägerin hergestellt werden. Der von der Klägerin auf gerichtlichen Hinweis, dass individualisierende Merkmale bislang nicht vorgetragen sind, vorgelegte Auszug aus dem Telefonbuch ist nicht geeignet, eine derartige Verknüpfung zwischen Fotografien und Person der Klägerin herzustellen. Denn zum einen leuchtet bei Betrachtung der vorgelegten Ausdrucke der Homepage bereits nicht ein, weshalb sich aus der Homepage ergeben soll, dass sich die Eigentümerin des Badezimmers gerade im Kreis S. aufhält. Die Homepage enthält nämlich keinerlei entsprechenden Hinweis oder sonstige Anhaltspunkte, aus denen gerade dies geschlossen werden könnte. Es sind lediglich die Bilder mit dem Dateinamen eingestellt. Aber auch aus den Dateinamen ergibt sich kein Rückschluss auf die Person gerade der Klägerin, weil die Klägerin bereits selbst vorträgt, dass es im Kreis S mehrere Personen mit dem Namen [&] gebe.
Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts setzt indes voraus, dass die verletzende Handlung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Person steht, auf die sich die Handlung bezieht und die einen Anspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts geltend macht. An einem derartigen unmittelbaren Zusammenhang fehlt es hier. Es ist nach alledem nicht ersichtlich, inwiefern ein unbefangener und objektiver Dritter Beobachter einen Zusammenhang zwischen der Klägerin und den eingestellten Bildern herstellen könnte.
Überdies vermögen die vorgelegten Bilder auch keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu begründen, weil es noch keine Verletzung der Privatsphäre einer Person darstellt, wenn ihr Badezimmer auf eine Art und Weise abgebildet wird, wie es hier in den Anlagen K2 bis K6 geschehen ist. Die Abbildungen greifen nicht in die Privat- oder gar die Intimsphäre ein, weil sie keinerlei Rückschluss auf die Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zulassen. Es könnte sich bei den Bildern um ein beliebiges Badezimmer handeln; es ergibt sich keinerlei Hinweis darauf, dass es sich gerade um das Badezimmer der Klägerin als individualisierter Person handelt.2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative BGB. Die Voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs aus Eingriffskondiktion wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts liegen nicht vor. Dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht verletzt worden ist, ergibt sich aus den Darlegungen unter 1. Damit fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen des Kondiktionsanspruches.
Letztlich versucht die Klägerin unter Berufung auf den vermögensrechtlichen Gehalt des Persönlichkeitsrechts hier die Tatsache zu monetarisieren, dass die Beklagte Bilder ihres Badezimmers zu Werbezwecken verwendet hat. Eine derartige Monetarisierung ist indes nur möglich auf der dogmatischen Grundlage einer Verletzung eines absoluten Rechts der Klägerin, die hier wie gezeigt nicht in Form einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt. Das Recht der Klägerin auf Wahrung ihrer Privatsphäre ist hier nicht verletzt, weil aus den Bildern nur erkennbar ist, dass irgendein Badezimmer abgebildet ist; nicht erkennbar ist, dass es sich um das Badezimmer gerade der Klägerin handelt. Das Persönlichkeitsrecht ist aber nicht um sich selbst willen geschützt, sondern nur als Ausfluss des Rechts auf Wahrung der persönlichen Integrität und der Privatsphäre, was voraussetzt, dass es untrennbar und für Außenstehende erkennbar für mit seinem Träger verknüpft ist. Dies gilt auch für die in der Rechtsprechung entschiedenen Fälle, in denen unerlaubt Werbung gerade mit der Person etwa eines Prominenten betrieben wurde (vergleiche nur BGH, NJW 2000, 2195 Marlene Dietrich und BGH, NJW 2000, 2201 Blauer Engel), soweit der vermögensrechtliche Gehalt des Persönlichkeitsrechts betroffen ist. In diesen Fällen ist entscheidend für den Schadensersatzanspruch die Verknüpfung gerade einer Person mit kommerziellen Interessen. An dieser Verknüpfung aber fehlt es hier. Hier wird ausschließlich ein Badezimmer mit der Werbung der Beklagten verknüpft, nicht aber gerade die Person der Klägerin. Anders wäre der Fall zu beurteilen, hätte die Beklagte unerlaubt mit dem Namen oder einem Bild der Klägerin geworben. Dies geschah hier aber nicht; die Werbung konzentrierte sich ausschließlich auf Tatsachen, nämlich Gestaltung und Einrichtung des Bads, die Außenstehende nicht mit der Person der Klägerin verknüpfen konnten. Deswegen geht der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des Amtsgerichts Rüsselsheim v. 10.10.2001, 3 C 806/01 fehl; dort war der Name des Anwesens in der Werbebroschüre genannt. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts Hamburg v. 22.5.2009, 324 O 791/08 ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil dort ein virtueller Rundgang durch ein ganzes Haus und nicht lediglich durch ein Badezimmer im Internet präsentiert wurde. Dieser Entscheidung ist nicht zu folgen, weil sie sich nicht hinreichend damit auseinandersetzt, inwiefern eine – hier im Fall fehlende, siehe oben – Verknüpfung zwischen der individuellen Person als Grundrechtsträger und der Werbung stattfindet.3.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte außerdem keinen urheberrechtlichen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Form der fiktiven Lizenzgebühr aus § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Bei dem Badezimmer der Klägerin handelt es sich nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Es fehlt schon an der notwendigen Schöpfungshöhe im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG, weil es sich bei einem Badezimmer um einen Gegenstand des alltäglichen Lebens handelt. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass es sich bei dem Badezimmer der Klägerin um einen künstlerisch besonders wertvollen oder aus sonstigen Gründen urheberrechtlich schützenswerten Raum handelt. Denn Alltagsbauten, die lediglich bekannte architektonische Formen wiederholen und sich nicht aus der Masse des alltäglichen Bauens, die also rein handwerkliche planerische Routineleistungen darstellen, sind als reine Zweckbauten ohne künstlerischen Anspruch nicht geschützt (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, GRUR 1985, 524, 535 und Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 2 UrhG Rn. 109). Abgesehen davon sind einzelne Zimmer eines Gebäudes nicht selbstständig geschützt (Bullinger, a. a. O.). Einfache Tatbestände des Alltags, die keinen besonderen künstlerischen Wert haben, sind urheberrechtlich nicht geschützt. Maßgeblich ist, ob es sich bei einem Werk um eine individuelle Schöpfung mit einem gewissen künstlerischen Wert handelt. Eine derartige individuelle Schöpfung scheidet aus, wenn ein Werk lediglich vorhandene Ausdrucksformen wiederholt. Das Werk muss subjektiv neu sein.
Alle diese Voraussetzungen sind beim Badezimmer der Klägerin nicht gegeben. Es ist schon nicht dargelegt, dass es sich bei dem Badezimmer überhaupt um ein Werk der Klägerin und nicht etwa der Beklagten handele; aus dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch das notwendige Mindestmaß schützenswerter Schöpfungshöhe nicht erkennen."