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Schreiner Lederer Rechtsanwälte GbR

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AG Frankfurt: Anschlussinhaber trifft keine allgemeine Gefährdungshaftung für seinen Internetanschluss

Das AG Frankfurt hat mit Urteil vom 05.08.2014, Az. 30 C 293/14 (47) entschieden, dass ein Anschlussinhaber nicht für Urheberrechtsverletzungen, die sich über seinen Internetanschluss ereignet haben sollen, in Anspruch genommen werden kann, wenn weitere Personen aus dem Familienverbund Zugriff auf den Anschluss nehmen konnten, der Anschlussinhaber den wahren Täter jedoch nicht benennt bzw. benennen kann.

In dem konkreten Fall war es wie so oft um die Geltendmachung von Schadenersatz und Anwaltskosten nach erfolgter Abmahnung gegangen. Der abgemahnte Anschlussinhaber verweigerte einen außergerichtlichen Ausgleich der Forderungen und wurde daher im gerichtlichen Verfahren auf insgesamt 3.879,80 Euro in Anspruch genommen.

Der Beklagte gab im Verfahren an, dass der Internetanschluss im Familienverbund genutzt werde. Zu dem betreffenden Zeitpunkt seien neben dem Beklagten drei weitere volljährige Familienangehörige in der Lage gewesen, auf den WPA 2-verschlüsselten Internetanschluss des Beklagten jeweils unter Einsatz des eigenen Computers zuzugreifen. Insoweit handele es sich um die Lebensgefährtin des Beklagten, deren Sohn sowie dessen Lebensgefährtin. Auf dem Rechner des Sohns sei auch eine Tauschbörsen-Software installiert. Auf Nachfragen des Beklagten hätten allerdings alle drei versichert, den behaupteten Urheberrechtsverstoß nicht begangen zu haben.

Diesen Vortrag ließ das AG Frankfurt unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH genügen und wies darauf hin, dass das Bereithalten eines Internetanschlusses eben gerade keine Gefährdungshaftung begründe.

Das AG Frankfurt führt insoweit aus:

„Der Beklagte haftet der Klägerin für den behaupteten Urheberrechtsverstoß weder auf Schadensersatz noch auf Erstattung der Abmahnkosten.

Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 Urhebergesetz ist nicht gegeben. Voraussetzung wäre, dass es der Beklagte (als Täter) war, der die behauptete Urheberrechtsverletzung (das öffentliche Zugänglichmachen des Musikalbums über das verwendete Tauschbörsen-Programm) begangen hat. Dies indes kann im vorliegenden Verfahren nicht festgestellt werden. Dabei mag zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt werden, dass die IP-Adresse korrekt ermittelt wurde und es somit der Internetanschluss des Beklagten war, über den das Musikalbum zum Herunterladen auf einer Tauschbörse angeboten wurde. Dies bedeutet vorliegend nämlich nicht zwingend, dass es der Beklagte selbst gewesen sein muss, der (als Täter) die unerlaubte Handlung begangen hat. Insbesondere streitet im vorliegenden Fall für eine Täterschaft des Beklagten keine tatsächliche Vermutung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn über den besagten Internetzugang ausschließlich der Beklagte hätte verfügen können. Konnten zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung aber auch andere Personen diesen Anschluss benutzen, so ist dann, wenn über diesen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wird, eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder aber – wie hier – bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511). Dies wird vom Beklagten geltend gemacht, von der Klägerseite auch nicht bestritten. Die Klägerin macht lediglich geltend, der Beklagte habe mit seinem Vortrag zu den häuslichen Mitbenutzern des WLAN-Anschlusses seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Dem kann das Gericht nicht beitreten. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, WM 2014, 1143 f.). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, a.a.O.).

Dieser so beschriebenen sekundären Darlegungslast ist der Beklagte vorliegend dadurch nachgekommen, dass er konkret unter Namensnennung vorgetragen hat, welche Personen in seinem Haushalt Zugang zu seinem Internetanschluss haben. Weiterhin hat er vorgetragen, dass er Nachforschungen insoweit angestellt hat, als er alle drei in Betracht kommenden Personen befragt hat, weiterhin das Vorhandensein eines Tauschbörsenprogramms auf dem PC einer dieser Personen ermittelt hat, wenn auch alle drei in Betracht kommenden Personen eine Täterschaft ihrerseits in Abrede gestellt haben. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren zumutbaren Nachforschungen der Beklagte hinsichtlich des wahren Täters noch anstellen kann oder soll. Auch den nicht nachgelassenen weiteren Klägerschriftsätzen ist insoweit nichts zu entnehmen. Dann aber ist es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, a.a.O.). Die Darlegungslast des Beklagten ist nämlich gerade deswegen sekundär, weil sie nicht die Beweislast umkehrt, vielmehr diese bei den Anspruchstellern belässt. Weitere Darlegungen oder gar Beweisantritte für eine Täterschaft gerade des Beklagten hat die Klägerin indes nicht getätigt.

Wenn die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.07.2014 die Auffassung vertritt, der Beklagte müsse sich – gemeint ist wohl prozessual – daran festhalten lassen, dass diejenigen Personen, die als weitere Täter in Betracht kommen, die Täterschaft abgestritten haben, mithin nur noch der Beklagte als Täter übrig bleibt, vermag dem das Gericht nicht zu folgen. Die sekundäre Darlegungslast führt nämlich auch nicht zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, a.a.O.). Die sekundäre Darlegungslast führt also nicht dazu, dass der Beklagte, um sich selbst zu entlasten, der Klägerin den wirklichen Täter liefern muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er es mit zumutbaren Mitteln liefern kann, was hier nach seinem Vortrag aber gerade nicht der Fall ist. Zuzugeben ist, dass in derartigen Konstellationen eine clevere Einlassung eine Verurteilung als Täter mit einiger Sicherheit verhindern kann, wenn die Anspruchstellerseite zeitnah nicht weitere Ermittlungen vornehmen und Ermittlungsergebnisse liefern kann. Dies indes ist auf der Grundlage der neueren BGH-Rechtsprechung hinzunehmen, da ein Internetanschluss für sich keine Gefährdungshaftung für über ihn begangene Urheberrechtsverstöße begründet.

Auch ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten – sei es über die Grundsätze der GOA, sei es über §§ 97, 97 a Urhebergesetz – ist nicht gegeben. Voraussetzung wäre, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch zustand. Dem indes war nicht so. Ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Urhebergesetz gegenüber dem Beklagten als Täter bestand aus denselben Gründen nicht, aus denen der Beklagte nicht auf Schadensersatz haftet. Aber auch eine Haftung des Beklagten als Störer kommt vorliegend nicht in Betracht. Bei der Verletzung absoluter Rechte kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei muss er die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung der Tat haben, die Verhinderung der Verletzungshandlung eines Dritten muss ihm weiterhin zumutbar sein, wobei sich die Frage der Zumutbarkeit nach den Umständen des Einzelfalls richtet (BGH, a.a.O.). Vorliegend handelt es sich um die Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige. Insoweit sind Belehrungen und/oder Überwachungen nicht angezeigt (vgl.: BGH, a.a.O.). Da somit auch für eine Haftung des Beklagten als Störer nichts ersichtlich ist, war der Klage der Erfolg vollumfänglich zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.“

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