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Schreiner Lederer Rechtsanwälte GbR

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Bundesregierung beschließt Maßnahmenpaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken beschlossen und den dazugehörigen Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser enthält einige Neuregelungen, die durchaus Anlass zur Hoffnung geben, die Situation für Abgemahnte könnte sich bessern.

Hintergrund der Neuregelungen ist, dass anwaltlichen Geschäftsmodellen Einhalt geboten werden soll, bei denen die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern wegen Urheberrechtsverstößen zur Gewinnoptimierung betrieben wird und vorwiegend dazu dient, gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Damit wird nicht der eigentliche Abmahnzweck, nämlich die Verhinderung bzw. Beseitigung einer Rechtsverletzung verfolgt, sondern lediglich aus finanziellen Interessen mit einer standardisierten Arbeitsweise gegen Hundertausende Privatpersonen vorgegangen, so dass das bewährte und effektive zivilrechtliche Institut der Abmahnung in Misskredit gebracht wird.

Im Einzelnen sieht der Entwurf Änderungen des § 97 a UrhG sowie die Einführung eines neuen § 49 GKG vor.

Die Neuregelungen im Überblick

§ 97a UrhG Abmahnung

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Auf die Abmahnung ist § 174 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden.

(2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise:

1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,

2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,

3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und

4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam. Wenn ein Verletzer aufgrund einer solchen Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, so ist diese Unterlassungserklärung unwirksam.

(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Nummern 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. § 49 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden.

(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

und

§ 49 GKG Urheberrechtsstreitsachen

(1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch 1 000 Euro, wenn der Beklagte

1. eine natürliche Person ist, die urheberechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist; es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig.

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden.

Die wichtigsten Änderungen

1. Zukünftig soll die abmahnende Kanzlei immer eine Vollmacht vorzulegen haben, andernfalls kann die Abmahnung zurückgewiesen werden. Diese Änderung dient der Transparenz. Bislang berufen sich viele Abmahnkanzleien auf eine Entscheidung des BGH, Urteil vom 19.05.2010, Az.: I ZR 140/08, nach der eine Abmahnung auch ohne Vorlage einer Vollmacht wirksam ist, wenn die Abmahnung mit einer (vorformulierten) Unterlassungserklärung und damit dem Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags verbunden wird. Diese Vorgehensweise weckte in der Vergangenheit gerade bei Privatpersonen oft Zweifel daran, ob die jeweilige Anwaltskanzlei überhaupt bevollmächtigt war und tätig werden durfte.

2. Die wesentlichen Anforderungen an eine Abmahnung werden im neuen Absatz 2 der Vorschrift formuliert. Zukünftig soll die Abmahnung Angaben über

„1. Name oder Firma des Verletzten angeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,

2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,

3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und

4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, angeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Vor allem die Punkte 3 und 4 stellen dabei eine wesentliche Änderung zur bisherigen Praxis dar: in den allermeisten Fällen werden lediglich pauschale Abgeltungsbeträge als Vergleichsangebot unterbreitet, die den Abgemahnten völlig im Unklaren darüber lassen, welche anwaltlichen Gebühren und welcher Schadenersatz zu erstatten sind. Das ist vor allem deswegen unbillig, weil hierdurch eine Prüfung zur Angemessenheit der Beträge erheblich erschwert, teilweise sogar unmöglich gemacht wird. Nach der geplanten Neuregelungen müssen Abmahnkanzleien in Zukunft aufschlüsseln, welche Anwaltskosten angefallen sind und wie hoch der geltend gemachte Schadenersatz ist. Die Regelung dient damit der Transparenz.

Punkt 4 dient sodann dazu, dem Empfänger einer Abmahnung die Reichweite der vorgelegten Unterlassungserklärung besser einordnen zu können. Derzeit fordern einige Abmahnkanzleien dazu auf, Unterlassungserklärungen abzugeben, die sich beispielsweise auf das gesamte Werkrepertoire eines Rechteinhabers beziehen oder es werden Zahlungsverpflichtungen mit in die Erklärung aufgenommen. Viele Privatpersonen erkennen aufgrund der komplexen Formulierungen von Unterlassungserklärungen oft nicht, dass hier weit mehr gefordert wird, als selbst nach dem als wahr unterstellten Verstoß angemessen wäre.

Eine Abmahnung, die die obigen Anforderungen nicht erfüllt, wäre in Zukunft unwirksam, ferner der Abgemahnte an eine Unterlassungserklärung, die er auf Grundlage einer fehlerhaften Abmahnung abgibt, nicht gebunden.

3. Absatz 3 der Neuregelung enthält eine neue Vorschrift zur Kostendeckelung und verweist auf den neu einzufügenden § 49 GKG. Dieser sieht vor, dass zukünftig ein Regelstreitwert von 1.000,- EUR anzunehmen ist, wenn der (Abgemahnte) 1. eine natürliche Person ist, die urheberechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und 2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des (Abmahners) durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist; es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig.

4. Absatz 4 der Neuregelung dient dazu, dem zu Unrecht Abgemahnten einen Anspruch auf Erstattung seiner angefallenen Anwaltskosten zu ermöglichen.

Ausblick und Eröffnung neuer Problemfelder

Die geplante Neuregelung bietet einige sinnvolle Ansätze, die zumindest in Kostensicht tatsächlich geeignet sein können, urheberrechtliche Abmahnungen aus dem Bereich des „Abmahnmissbrauchs“ herauszunehmen.

Gerade die geplante Deckelung des Streitwertes auf 1.000,- EUR dürfte in sehr vielen Fällen dazu führen, dass die geltend gemachten Gesamtbeträge um einen erheblichen Teil schrumpfen. Beispielhaft sei hier verwiesen auf die Kanzlei Waldorf Frommer, die derzeit einen Betrag an Anwaltskosten in Höhe von 506,- EUR je Abmahnung annimmt, hier wäre (ohne Mehrwertsteuer, mit Auslagen) zukünftig nur noch ein Betrag in Höhe von 130,50 EUR anzusetzen.

Allerdings folgt hieraus zugleich ein neues Problem: da lediglich der Anteil der Anwaltskosten reduziert wird, der Betrag für den Schadenersatz jedoch weiterhin nach der Lizenzanalogie bemessen wird, steht zu befürchten, dass Abmahnkanzleien durch eine Erhöhung des Schadenersatzanteils die niedrigeren Anwaltskosten kompensieren werden. Auch insoweit sei erneut die Kanzlei Waldorf Frommer beispielhaft erwähnt, die bereits damit beginnt, die ursprünglichen, außergerichtlichen Schadenersatzforderungen in Höhe von derzeit 450,- EUR vor Gericht allmählich auf 600,- EUR anzuheben. Ganz zu schweigen von anderen Kanzleien oder auch Gerichten, die teilweise Schadenersatzforderungen im 4-stelligen Bereich als angemessen erachten und zusprechen.

Zudem ist zu beachten, dass auch der neue § 49 GKG eine dehnbare Formulierung enthält: so soll die Streitwertdeckelung auf 1.000,- EUR keine Anwendung finden, wen dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre.

In der Vergangenheit haben die Gerichte bei der bisherigen Formulierung des „einfach gelagerten Falles“ bereits darauf verwiesen, dass ein solcher bei Nutzung einer Tauschbörse nicht vorliegen würde. Denkbar also, dass wegen des Umfangs der behaupteten Rechtsverletzung – namentlich das weltweite Verbreiten eines urheberrechtlich geschützten Werkes – die Gerichte die Streitwertdeckelung als unbillig erachten werden – dann liefe aber die neue Vorschrift leer.

Insgesamt führt die geplante Neuregelung zwar zu mehr Transparenz, dennoch bleibt aber weiterhin unklar, wie Abmahner und Abmahnkanzlei im Innenverhältnis abrechnen. Bereits jetzt wird vermutet, dass interne Pauschalen vereinbart werden, die von den gesetzlichen Regelungen erheblich abweichen – auch zukünftig wäre dies kein Problem, da nicht überprüfbar. Ob und inwieweit sich dann jedenfalls außergerichtlich Änderungen im Abmahnwesen ergeben, ist fraglich.

Ein weiteres Problem hingegen ist der Gesetzgeber gar nicht angegangen: die Störerhaftung. Diese ist nach wie vor völlig unzureichend im Gesetz geregelt, im Übrigen könnte auch überlegt werden, die Grenzen der Vermutungshaftung für den Anschlussinhaber detailliert zu regeln.

Zusammenfassend ist die geplante Neuregelung ein Schritt in die richtige Richtung, mehr aber auch nicht: eine vollständige Eindämmung des „Abmahnmissbrauchs“ wird sich allein durch die geplanten Änderungen nicht erreichen lassen, wenigstens etwas mehr Transparenz soll aber das angeschlagene Institut der Abmahnung wieder etwas „gesellschaftsfähiger“ machen.

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