Alle paar Monate ist es nötig, auf die Behandlung von Anrufen mit unterdrückter Rufnummer in…
Doppelt gemoppelt hält besser
Als Anwalt ist man es gewöhnt, regelmäßig mit neuen Rechtsstreitigkeiten konfrontiert zu werden – so auch im Bereich der Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing in Tauschbörsen. Die Entwicklung in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die abmahnenden Rechteinhaber hierbei durchaus konsequent sein können, wenn es um die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen geht. So sind spätestens seit 2010 Mehrfach-Abmahnungen nach dem illegalen Download von Titeln aus Chartcontainern bekannt und gefürchtet und können in den meisten Fällen erst nach dem Erhalt einer ersten Abmahnung vorbeugend abgewehrt werden. Auch hat sich in den letzten Monaten gezeigt, dass ausübende Künstler/ Urheber und Musikverlage ihre Ansprüche jeweils selbst geltend machen können und dies durchaus auch tun – die Folge sind die bekannten Doppel- und Dreifachabmahnung betreffend ein und das selbe Werk, jedoch eben im Hinblick auf die Verletzung verschiedener Rechte hieran.
Es bedarf keiner Erläuterung, dass die Vorgehensweise der Rechteinhaber in einem gewissen Maße verständlich ist. Niemand muss die Verletzung eigener Rechte schutzlos hinnehmen. So formulierte der Namensgeber einer bekannten Anwaltskanzlei: „Wenn von einem Tonträger ein einziger Download gefunden würde und es gäbe eine Abmahnung, würde kein Mensch sich darüber [irgendwie] echauffieren oder erregen. Wenn nun derselbe Rechteinhaber tausendmal pro Monat verletzt wird, kann er doch nichts anderes tun, als tausendmal dagegen vorzugehen.“
So verständlich diese Argumentation ist: zuweilen schießt auch die an sich nachvollziehbare Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen über ihr Ziel hinaus. Etwa kann die Frage, welche Anwaltskosten oder welcher Schadenersatz angemessen sind, hierzu gezählt werden.
In eine ganz andere Richtung geht hingegen ein Fall, der heute in unserer Kanzlei vorgelegt wurde. Eine Mandantin hatte wegen des angeblichen unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachens eines Musiktitels ebenfalls Post von einer Anwaltskanzlei erhalten. Gefordert werden die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie die Zahlung eines pauschalen Vergleichsbetrages in Höhe von 340,00 Euro. Allerdings – und das ist das Besondere in der vorliegenden Konstellation – erhielt die Mandantin besagtes Schreiben nicht einmal, auch nicht zweimal oder dreimal. Insgesamt 22 (!) Abmahnschreiben betreffend ein und dasselbe Werk, jedoch allesamt mit eigenem Aktenzeichen und „Tat“-Datum versehen, durfte die verständlicherweise am Boden zerstörte und sprachlose Mandantin in Empfang nehmen.
Offensichtlich muss es sich hierbei um einen Fehler handeln, der womöglich aus der automatisierten Erstellung und Versendung von Abmahnschreiben folgt. Aufgedruckte Unterschriften, die eine nicht erfolgte Überprüfung der Abmahnschreiben im Einzelfall anzeigen könnten, sind dabei schon beinahe zu erwarten.
Ohne hier auf die Rechtslage im konkreten Fall eingehen zu wollen, so ist meines Erachtens durchaus fraglich, ob der Bogen damit nicht ein wenig überspannt ist. Nicht aus rechtlicher Sicht, sondern aus moralischer: die Geltendmachung eines Anspruches sollte eigentlich dessen gewissenhafte Prüfung voraussetzen, und erst anschließend sollte ebenso sorgfältig Kontakt mit dem in Anspruch genommenen aufgenommen werden.
Wie der Erhalt von 22 Abmahnschreiben, in denen jeweils ein Betrag von 340,00 Euro gefordert wird und gleichzeitig auf das entsprechende finanzielle Risiko bei Nichtzahlung hingewiesen wird – den einzelnen Abmahnschreiben nach je Fall immerhin ein Schadenersatz von 1.000,00 Euro sowie Anwaltskosten in Höhe von 651,80 Euro, mithin insgesamt 36.339,60 Euro ohne Gerichtskosten – hingegen auf einen im Urheberrecht unerfahrenen, normalen Bürger wirkt, kann man sich leicht ausmalen.
Wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit.