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Mietrecht: Wann Vermieter eine fristlose Kündigung aussprechen können
Nicht immer verlaufen Mietverhältnisse frei von Problemen. Ist einmal ein Streit vorhanden, so ist dies für Mieter und Vermieter meistens sehr belastend. Sind Mieter und Vermieter so sehr zerstritten, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr sinnvoll ist, dann sollte über dessen Beendigung nachgedacht werden.
Über die Beendigung eines Mietverhältnisses
Die Beendigung eines Mietverhältnisses kann in der Praxis komplizierter sein als erwartet. Es reicht zum Beispiel nicht aus, dass der Mieter und Vermieter einfach nicht mehr miteinander auskommen. Der wichtigste Grundsatz lautet hier: pacta sunt servanda, zu deutsch: Verträge sind einzuhalten. In diesem Grundsatz steckt das Prinzip der Vertragstreue. Verträge sollen so durchgeführt werden, wie sie geschlossen worden sind. Sie sollen aber nicht grundlos beendet werden. Gleichzeitig gilt: liegt ein ausreichender Beendigungsgrund vor, dann kann das Mietverhältnis entweder ordentlich (mit Frist) oder fristlos gekündigt werden.
Der Beitrag befasst sich mit der fristlosen Kündigung und soll einen Überblick geben. Der Vollständigkeit wegen darf aber ergänzt werden, dass die möglichen Kündigungsgründe eines Mietverhältnisses über Wohnraum in § 573 BGB geregelt sind. Eine ordentliche Kündigung setzt ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Vertragsbeendigung voraus. Nach dem BGB kann dass berechtigte Interesse sich vor allem daraus ergeben, dass der Mieter seine Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, dass Eigenbedarf vorliegt oder weil der Vermieter eine sog. Verwertungskündigung aussprechen möchte.
Überblick zur fristlosen Kündigung
Die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund regeln §§ 543, 569 BGB. Nach dem Gesetz liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. In Absatz 2 der Regelung finden sich dann einige Kündigungsgründe aufgezählt. Von den hier aufgezählten Kündigungsgründen dürfte der Zahlungsverzug des Mieters der wichtigste sein. Ein nicht unerheblicher Teil der anwaltlichen Beratungspraxis bezieht sich hierauf.
Eine fristlose Kündigung kann aber auch noch wegen vieler anderer Gründe ausgesprochen werden. Ein Beispiel wäre eine Straftat, die ein Mieter gegenüber seinem Vermieter begeht. Selbiges gilt natürlich auch, wenn eine Straftat zwar nicht gegenüber dem Vermieter, möglicherweise aber zu Lasten anderer Mieter begangen wird.
Im Einzelfall ist jeweils zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt eine fristlose Kündigung nach sich ziehen kann. Zudem ist auch zu beachten, dass nicht jedes Fehlverhalten des Mieters sofort eine fristlose Kündigung ermöglicht. Das Gesetz regelt ausdrücklich, dass in vielen Fällen eine Abmahnung vorrangig ist. Nicht immer ist eine solche Abmahnung nötig: wenn sie entweder keinen Erfolg verspricht, die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder wenn die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs erfolgt.
Liegt ein Grund zur fristlosen Kündigung vor, so müssen weiter die formellen Anforderungen an eine Kündigung beachtet werden. Der womöglich wichtigste Punkt: die Kündigung bedarf nach § 568 Abs. 1 BGB der schriftlichen Form, sie muss also eigenhändig vom Vermieter unterzeichnet werden. Es ist auch grundsätzlich möglich, dass der Vermieter jemand Dritten (z.B. einen Rechtsanwalt) mit dem Ausspruch der Kündigung beauftragt. Er muss dann eine schriftliche Vollmacht erteilen, die im Original dem Kündigungsschreiben beigefügt werden muss. Der Mieter kann die Kündigung zurückweisen, wenn die Vollmacht nicht im Original vorgelegt wird.
Einfaches Muster einer fristlosen Kündigung
Das nachfolgende Muster gibt einen groben Aufbau einer fristlosen Kündigung vor:
„Sehr geehrte(r) Frau/ Herr
zwischen uns besteht ein Mietvertrag vom [DATUM] über die [GENAUE BEZEICHNUNG DER MIETSACHE].
Diesen Mietvertrag kündige ich fristlos und fordere Sie auf, die Mietsache bis spätestens [DATUM] zu räumen und vertragsgerecht an mich herauszugeben.
Die Kündigung erfolgt als fristlose Kündigung, weil [FOLGT BEGRÜNDUNG IM DETAIL].
[ENTWEDER]Mit Schreiben vom [DATUM] sind Sie wegen eines vergleichbaren Sachverhaltes und unter Androhung der fristlosen Kündigung bereits erfolglos abgemahnt worden. [ODER] Eine vorherige Abmahnung ist vorliegend ausnahmsweise entbehrlich, weil [FOLGT BEGRÜNDUNG].
Rein vorsorglich und hilfsweise kündige ich den Mietvertrag wegen der zuvor genannten Gründe ordentlich zum nächstzulässigen Termin, in Ihrem Fall zum [DATUM DER GESETZLICHEN KÜNDIGUNGSFRIST].
Einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses (§ 545 BGB) widerspreche ich bereits jetzt.
Zudem weise ich Sie darauf hin, dass Sie der Kündigung für den Fall, dass die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum Tragen kommt, widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können. Der Widerspruch ist schriftlich und spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses, zu erklären. Für den Fall, dass Sie von Ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, bitte ich darum, Ihre Gründe so darzulegen, dass der Widerspruch auf seine Berechtigung hin überprüft werden kann.
Ich weise außerdem darauf hin, dass für jeden Tag, den Sie die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht an mich herausgeben, Nutzungsersatz von Ihnen beansprucht werden kann.
Nur höchst vorsorglich mahne ich Sie wegen der oben geschilderten Gründe (nochmals) ab und fordere dazu auf, das vertragswidrige Verhalten unverzüglich einzustellen. Bitte beachten Sie, dass die Abmahnung nur höchst vorsorglich erfolgt. An der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung sowie der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung ändert sich nichts.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift“
Das obige Muster bedarf selbstverständlich einiger auf den Einzelfall bezogener Anpassungen, ohne die es nicht verwendet werden kann. Es ersetzt zudem keine anwaltliche Beratung, die vor Kündigung eines Mietverhältnisses immer in Anspruch genommen werden sollte.
Zum Zugang einer fristlosen Kündigung
Die fristlose Kündigung beendet das Mietverhältnis mit Zugang beim Mieter. Als einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung muss die fristlose Kündigung dem Mieter zugehen. Mit Blick auf ein mögliches gerichtliches Verfahren sollte der Zugang der fristlosen Kündigung beim Mieter dokumentiert werden. Wir die fristlose Kündigung dem Mieter direkt übergeben, so empfiehlt sich eine schriftliche Empfangsbestätigung. Oder es kann im Falle des Briefkasteneinwurfs eine Zustellung per Bote oder unter Zeugen sinnvoll sein.
Räumungsfrist und fristlose Kündigung
Eine Räumungsfrist ist auch bei der fristlosen Kündigung üblich, auch wenn das Mietverhältnis bereits mit Zugang beim Mieter beendet wird. Eine gesetzte Räumungsfrist sollte dabei angemessen sein. Sie richtet sich üblicherweise nach der Größe des bewohnten Wohnraums (also z.B. eine kleine Wohnung oder ein größeres Einfamilienhaus). Die Frist im Einzelfall dürfte aber mit 2 bis 4 Wochen angemessen sein.
Mieter ignoriert fristlose Kündigung: was ist zu tun?
Hat der Mieter die fristlose Kündigung erhalten und ist auch die Räumungsfrist abgelaufen, ohne dass der Mieter Anstalten macht, auszuziehen, dann darf der Vermieter trotzdem nicht auf eigene Faust räumen. Der Vermieter ist in diesem Fall vielmehr darauf angewiesen, dass er eine Räumungsklage erhebt und ein Urteil erstreitet, das dann aber auch zwangsvollstreckt werden kann.
Zeitaufwand und Kosten können hierbei recht gut abgeschätzt werden und es ist sinnvoll, wenn Vermieter diese Punkte rechtzeitig berücksichtigen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die Kündigung zu Recht ausgesprochen wurde und dass der Mieter am Ende zur Räumung verurteilt wird.
Möchte der Vermieter eine Klage erheben, so muss er bei Gericht einen Gerichtskostenvorschuss einzahlen. Die Höhe des Gerichtskostenvorschusses richtet sich nach dem Streitwert. Der Streitwert wird auch zu Grunde gelegt, wenn die Gebühren des Rechtsanwalts berechnet werden. Im Normalfall wird als Streitwert die Jahresmiete angesetzt. Steht der Streitwert fest, dann ergeben sich anfallende Gerichtskosten (aus dem Gerichtskostengesetz) und Rechtsanwaltsgebühren (aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) aus „Tabellenbeträgen“. Wichtig: es sollte immer das sogenannte Kostenrisiko (eigener Anwalt, gegnerischer Anwalt, Gericht sowie ggf. sonstige Verfahrenskosten für Sachverständige/ Gutachten, Zeugen usw.) ermittelt werden, da dies alle möglichen Verfahrenskosten umfasst. Auf die Ermittlung des Kostenrisikos sollte nicht verzichtet werden, schließlich können hiermit wirtschaftliche Risiken besser eingeschätzt werden. Außerdem kann die Vorgehensweise im Einzelfall nötigenfalls auch angepasst werden.
Es ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass die möglichen Kosten immer nur für ein konkretes Verfahren berechnet werden können. Allgemein ließe sich höchstens formulieren, dass je nach Höhe der Jahresmiete Räumungsverfahren durchaus hohe Kosten im Bereich mehrerer tausend Euro auslösen können. Es kann für Vermieter daher sinnvoll sein, eine entsprechende Rechtsschutzversicherung abzusschließen.
Noch ein Wort zum Kostenrisiko: die Verfahrenskosten müssen am Ende des Verfahrens von der unterlegenen Partei getragen werden. War die Kündigung berechtigt und verliert der Mieter das Verfahren, dann erlangt der Vermieter also auch einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Mieter. Dieser wird in einem sogenannten Kostenfestsetzungsbeschluss tituliert, der neben dem Räumungsurteil beantragt wird.
Neben den reinen Kosten des Verfahrens muss auch die Verfahrenslaufzeit beachtet werden. Es ist zwar theoretisch möglich, dass ein Räumungsverfahren sehr schnell endet. Zum Beispiel ist das möglich, wenn der Mieter sich nicht verteidigt und ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergeht. Über das Versäumnisurteil kann ein vollstreckbarer Titel in einem Zeitraum von etwas mehr als einem Monat erlangt werden. Wird aber das Verfahren vollständig durchlaufen, so sollte vorsichtshalber jede Instanz mit mindestens einem Jahr eingeplant werden. Beeinflusst wird die Verfahrensdauer vor allem von der Vorbereitung des Hauptverhandlungstermins, der Anzahl der Termine (abhängig vom Umfang der Beweisaufnahme) und der Frage, ob Rechtsmittel gegen ein Urteil eingelegt werden.
Wie geht es nach dem Urteil weiter?
Leider kommt es vor, dass Mieter nicht nur eine Kündigung ignorieren, sondern sich auch von einem Räumungsurteil nicht beeindrucken lassen. Dann muss der Vermieter einen Räumungsauftrag erteilen und damit die Zwangsvollstreckung einleiten. Ist der Auftrag erteilt, dann wird die Räumung durch den Gerichtsvollzieher vorgenommen. Auch die Zwangsvollstreckung löst dabei nochmals Kosten aus, die je nach Größe der zu räumenden Mietsache variieren. Auch wenn es einer Zwangsvollstreckung bedarf können anfallende Kosten aber durch die Art des Räumungsauftrags beeinflusst werden. Stichwort ist her die Berliner Räumung. Bei dieser Vorgehensweise wird nicht die Wohnung vollständig geräumt, sondern es werden lediglich der Mieter aus dem Besitz gesetzt und das Schloss ausgetauscht. Auf diesem Weg erlangt der Vermieter wieder Zugang zur Wohnung. Daneben wird ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters geltend gemacht. Die Einzelheiten bei einem Vorgehen nach dem Berliner Modell sollten im Rahmen einer anwaltlichen Beratung abgeklärt werden.
Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt
Die Erfahrung zeigt, dass es die „einfache“ Kündigung von Wohnraummietverhältnissen nicht gibt. Nahezu immer werden Rechtsfragen aufgeworfen, die nur ein Fachmann beantworten kann. Das gilt gerade auch, weil Fehler bei einer Kündigung oder im gerichtlichen Verfahren viel Zeit und Geld kosten können. Um dem Vermieter Sicherheit für das Verfahren zu geben ist zu empfehlen, dass frühzeitig eine umfassende rechtliche Würdigung des Sachverhalts erfolgt.
Wenn auch Sie Probleme mit einem Mieter haben und eine Kündigung ins Auge fassen wollen, so beraten wir Sie gerne. Womöglich hilft Ihnen bereits eine anwaltliche Erstberatung in Ihrer konkreten Angelegenheit, um die fristlose Kündigung anzugehen. Allerdings sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass neben dem Ausspruch einer Kündigung auch noch andere Möglichkeiten bestehen, um ein Mietverhältnis zu beenden. Als Beispiel sei hier die Möglichkeit genannt, dass Mieter und Vermieter einen Mietaufhebungsvertrag schließen. Welche Vorgehensweise im Einzelfall die Beste ist, dazu beraten wir Sie gerne.